In Brandenburg an der Havel haben die Bauarbeiten für die Euthanasie-Gedenkstätte begonnen

Pressearchiv - Meldung vom 10.01.2011

Pressemitteilung vom 10.01.2011

In Brandenburg an der Havel haben die Bauarbeiten für die Euthanasie-Gedenkstätte begonnen
In Brandenburg an der Havel haben die Bauarbeiten für die Euthanasie-Gedenkstätte begonnen
In Brandenburg an der Havel haben die Bauarbeiten für die Euthanasie-Gedenkstätte begonnen
In Brandenburg an der Havel haben die Bauarbeiten für die Euthanasie-Gedenkstätte begonnen

In Brandenburg an der Havel hat der Aufbau einer Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde begonnen. Bis voraussichtlich Ende 2011 soll hier im original erhaltenen ehemaligen Werkstattgebäude des „Alten Zuchthauses“ im Stadtzentrum von Brandenburg an der Havel eine Gedenkstätte entstehen, die an den nationalsozialistischen Krankenmord in Brandenburg erinnern wird. Anlässlich der svmbolischen Enthüllung des Bauschildes legten Kulturministerin Dr. Martina Münch und die Oberbürgermeisterin der Stadt Brandenburg an der Havel, Dr. Dietlind Tiemann, heute mittag am Ort der ehemaligen Gaskammer Kränze nieder. Anfang Januar 1940, also vor genau vor 71 Jahren, fand hier die sogenannte Probetötung statt, mit der die nationalsozialistische Krankenmordaktion „T4“ begann.
Zum Auftakt der Bauarbeiten sagte Stiftungsdirektor Prof. Dr. Günter Morsch heute in Brandenburg: „Wir sind außerordentlich froh und dankbar, dass nun auch in Brandenburg wie bereits in den anderen fünf Krankenmordanstalten eine aktive Gedenkstätte an die Opfer der Euthanasie-Morde erinnern wird. Dies ist gerade angesichts der besonderen Bedeutung, die Brandenburg für die nationalsozialistischen Massentötungen durch Giftgas und den Holocaust insgesamt hat, ein überfälliger Akt.“
Kulturministerin Dr. Martina Münch erklärte: „Dieser Tag ist Anlass, zurückzublicken auf eine Phase unserer jüngeren Geschichte, in der so Grauenhaftes geschehen ist, dass es jede Vorstellungskraft übersteigt. Die Geschichte der NS-Medizin an diesem Ort führt drastisch vor Augen, wozu Wissenschaft missbraucht werden kann - zur Auslöschung von Menschen, die als 'minder-wertig' beurteilt wurden. So etwas darf nie wieder geschehen.“
Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann begrüßte den Beginn der Bauarbeiten. „Nach der langen Vorbereitungszeit, die von der gemeinsamen Suche nach geeigneten räumlichen Bedingungen geprägt war, die sowohl die Bedeutung dieser Gedenkstätte als auch die Möglichkeiten aller Beteiligten berücksichtigen, startet nun die Realisierungsphase dieses wichtigen Projektes. Die Stadt Brandenburg an der Havel, deren Name auf das Engste mit den nationalsozialistischen Krankenmorden verbunden ist, wird auch in Zukunft ihrer besonderen Verantwortung zur Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der Geschichte gerecht. Die neue Gedenkstätte wird nicht nur in würdiger Weise an das Leid der qualvoll getöteten Kinder, Frauen und Männer erinnern, sondern vor allem auch für unsere junge Generation als Ort der Information und Mahnung dienen.“
Gedenkstättenleiterin Dr. Astrid Ley sagte: „Bei der sogenannte Probetötung Anfang Januar 1940 töteten mehrere hochrangige NS-Funktionäre und 'T4'-Mitarbeiter, darunter Hitlers Leibarzt Karl Brand und 'Reichsgesundheitsführer' Leonardo Conti, in einem Gebäude des ehemaligen Alten Zuchthauses in Brandenburg/Havel erstmals auf deutschem Boden eine Gruppe von Psychiatriepatienten mit Kohlenmonoxid. Wer die ermordeten Kranken waren und woher sie kamen, ist noch immer unbekannt.“
Kernstück der neuen Gedenkstätte wird eine ca. 140 m² umfassende Dauerausstellung sein, die von dem renommierten Büro Hans Dieter Schaal (Attenweiler) gestaltet wird. In der Ausstellung wird es vor allem um die Opfer der Mordaktion gehen sowie um die besondere Rolle Brandenburgs beim „Euthanasieprogramm“ und der Vorbereitung des Holocaust an den europäischen Juden. Ein wichtiges Thema ist die ab Juli 1940 in Brandenburg vollzogene „T4“-Sonderaktion gegen jüdische Kranke, die den Auftakt zur systematischen „Vernichtung“ jüdischer Psychiatriepatienten im Reichsgebiet bildete. In die Ausstellung wird auch ein Gedenkbuch mit dem Namen aller ermittelbaren Opfer integriert. In der Brandenburger „Euthanasieanstalt“ wurden insgesamt mehr als 9 000 Menschen aus psychiatrischen Krankenhäusern und Fürsorgeinstitutionen des nord- und mitteldeutschen Raums ermordet.
In die Gedenkstätte werden auch die Informationsstelen einbezogen, die 1997 von der Stadt Brandenburg bei den freigelegten Fundamenten der ehemaligen Gaskammer neben dem Werkstattgebäude errichtet wurden. Zudem sind Verweise auf andere zeithistorisch relevante Orte in der Stadt geplant wie vor allem auf das ehemalige Zuchthaus auf dem Görden mit dem Hinrichtungsraum. Die Kosten für die Sanierung des Gebäudes und die Dauerausstellung betragen rund 760.000 Euro. Das Land Brandenburg stellt Fördermittel in Höhe von 377.000 Euro, der Bundeskulturbeauftragte in Höhe von 357.000 Euro bereit. 20.000 Euro stammen aus dem Haushalt der Stiftung.

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