Jungvögel gedeihen in ihrer natürlichen Umgebung am besten

Pressearchiv - Meldung vom 09.06.2011

Pressemitteilung vom 09.06.2011

Die untere Naturschutzbehörde und das Naturschutzzentrum Krugpark bitten die Bürgerinnen und Bürger dringend um Mithilfe.

Im vergangenen Jahr wurden im Naturschutzzentrum über 300 Jungvögel eingeliefert, wodurch vor allem in der Spitzenzeit Juni/Juli die personellen Pflege-Kapazitäten bei Weitem überschritten wurden. Die übergroße Mehrheit dieser gesetzlich geschützten Pfleglinge hätte von den Vogeleltern weiterhin aufgezogen werden können, wenn sie nicht von besorgten Menschen von ihnen getrennt worden wären.

Kürzlich wurde im Naturschutzzentrum sogar ein junges Kranichküken abgegeben. Leider konnte es aufgrund der Anonymität der Abgabe und des unbekannten Fundortes nicht sofort wieder ausgewildert werden, obwohl es völlig gesund war. Es wurde daher in den Tierpark nach Perleberg gebracht, wo der Zugvogel nun sein gesamtes Leben außerhalb der Wildnis verbringen muss.

Damit in diesem Jahr keine unnötigen Pflegefälle entstehen, werden alle Naturliebhaber um aufmerksamen Umgang mit Jungvögeln gebeten. Anette Vedder von der unteren Naturschutzbehörde gibt folgenden Rat: „Bitte lassen Sie Jungvögel, die sie in der Umgebung finden, in Ruhe. Nehmen sie diese auf keine Fall mit nach Hause, so dass sie von den Altvögeln getrennt werden. Eltern, deren Kinder niedliche Ästlinge mit nach Hause bringen, werden gebeten, gemeinsam mit ihren Kindern die Tiere sofort an den Fundort zurück zu bringen. Als Schutz vor Katzen reicht es, die Jungvögel auf einen hohen Ast zu setzen. Bleiben Sie danach keinesfalls in direkter Nähe, weil sich dann der Altvogel nicht an das Junge heran traut!“

Noch besser wäre es laut Vedder aber, die derzeit zahlreich vorhandenen Jungvögel einfach in Ruhe zu lassen. „Sie werden als Ästlinge oder Nestflüchter bezeichnet, weil sie schon vor Vollendung ihrer Entwicklung das Nest verlassen, ihre Umgebung zusammen mit den Altvögeln kennenlernen und das Gefieder sich in dieser Zeit zu Ende entwickelt. Ihre Eltern kümmern sich auch weiterhin unbemerkt und aufopferungsvoll um sie. Menschen, die die Jungvögel nur kurzfristig beobachten, bekommen dies aber nicht mit, unter Umständen füttert der Altvogel auch erst wieder, wenn sich der Mensch weit genug entfernt hat. Deshalb: Finger weg von befiederten Jungvögeln, wie hilflos sie auch immer erscheinen!“

Sollte man ungefiederte Jungvögel, so genannte Nesthocker, die aus ihrem Nest herausgefallen sind, finden, können diese ohne Probleme wieder in das Nest zurück gesetzt werden. Hier ist die Chance, dass sie den Start ins Leben schaffen, am größten.

Weitere Fragen können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Naturschutzzentrum Krugpark unter der Telefon-Nummer (03381) 66 31 35 gern beantworten.

Begriffserklärung „Ästlinge": Ist ein Nestling alt genug, um außerhalb des Nestes seine Flugfähigkeit und die eigenständige Nahrungsaufnahme zu trainieren, tritt er in eine neue Phase seines Lebens ein: er wird zum so genannten Ästling. Zwar können Ästlinge bereits fliegen, aber sie sind noch nicht dazu in der Lage, sich vollständig selbst zu ernähren. Unter Anleitung ihrer Eltern lernen sie die Umgebung kennen und werden noch einige Tage von ihnen mit Futter versorgt.

Die Zeit zwischen dem Verlassen des Nestes und dem Erlangen gänzlicher Selbstständigkeit ist für junge Wildvögel die gefährlichste Phase ihres Lebens. Zwangsläufig müssen die Elterntiere ihren Nachwuchs über längere Zeiträume allein lassen, um nach Futter zu suchen. Während dessen hüpfen die Ästlinge mehr oder weniger schutzlos umher. Dabei zeigen sie ihren Eltern durch lautes Rufen an, wo sie sich gerade befinden. Diese Rufe locken allerdings nicht nur die Eltern an, sondern zeigen auch so manchem hungrigen Fressfeind an, wo sich die Beute versteckt hält.

Bei drohender Gefahr flüchten Ästlinge nicht, sondern verhalten sich stattdessen ruhig und regungslos. Ihr einziger Schutz ist dann die Tarnung, die ihnen ihr meist recht unauffällig gefärbtes Federkleid bietet. Sind sichere Versteckmöglichkeiten wie beispielsweise Hecken, Holzstapel oder Reisighaufen vorhanden, in denen sie sich gern aufhalten, bleiben sie meist unentdeckt. Fehlen solche Unterschlupfmöglichkeiten, so werden die Ästlinge schnell zur leichten Beute für Katzen oder andere Fressfeinde.

Leider fallen sie oftmals auch Kindern regelrecht zum Opfer, die diese niedlich anzusehenden Vogelkinder gern als lebendiges Spielzeug benutzen. Die Jungvögel erleiden so große Angst, dass viele von ihnen sterben. Mitunter nehmen Kinder einen gefundenen, fast selbstständigen Jungvogel jedoch mit nach Hause. Um dies zu verhindern, hilft nur ausreichende Aufklärung durch Eltern oder Bekannte.

Doch nicht nur Kindern, denen man ihre Unwissenheit wohl nicht zum Vorwurf machen kann, nehmen leider Jungvögel während der Bettelflugperiode mit. Sehr häufig verhalten sich Erwachsene ebenso, wenn sie vermeintlich verwaiste Jungtiere während eines Spaziergangs finden. Sie nehmen sie in der falschen Annahme mit nach Hause, dass die Tiere von ihren Eltern verlassen worden seien. In Wahrheit aber kümmern sich Vogeleltern aufopferungsvoll um ihren Nachwuchs, sie lassen ihn mit Sicherheit nicht grundlos im Stich.

Quelle: www.wildvogelhilfe.org

Interessantes